Das am 3. Juli 2020 verabschiedete Kohleausstiegsgesetz sieht vor, dass die Kohleverstromung in Deutschland schrittweise bis spätestens zum Jahr 2038 beendet wird.
Die Betreiber von Braunkohlekraftwerken erhalten für die vorzeitige Stilllegung gesetzlich festgelegte Entschädigungszahlungen.
Ausgleichszahlungen für Steinkohlekraftwerke sollen hingegen in wettbewerblichen Verfahren – jährlich stattfindende Stilllegungsausschreibungen ähnlich einer Auktion mit verdeckten Geboten – ermittelt werden.
Die erste Ausschreibung wurde bereits im September 2020 durch die Bundesnetzagentur durchgeführt. Heute hat die Bundesnetzagentur die Ergebnisse der ersten Ausschreibungsrunde für den Steinkohleausstieg bekannt gegeben:
- Insgesamt erhielten elf Steinkohlekraftwerke mit einer Gesamtleistung von fast 4.800 MW einen Zuschlag. Diese Anlagen sollen vorbehaltlich einer Prüfung der Übertragungsnetzbetreiber bis zum Ende des Jahres vom Netz gehen.
- Mehr als 2/3 der bezuschlagten Kapazität ging an moderne, effiziente Steinkohlekraftwerke ohne Wärmeauskopplung, die erst in den 2010er-Jahren in Betrieb gegangen bzw. umfassend modernisiert worden waren.
- Die Ausschreibung war laut Bundesnetzagentur deutlich überzeichnet. Der mengengewichtete durchschnittliche Zuschlagswert liegt bei 66.259 Euro pro MW und damit deutlich unter dem Höchstgebot von 165.000 €/MW.
Aus ökonomischer Sicht wäre es deutlich sinnvoller gewesen, ältere weniger effiziente Steinkohlekraftwerke zuerst abzuschalten. Der Grund für die Stilllegung drei der modernsten Kraftwerksblöcke liegt allerdings in der fragwürdigen Zuschlagsregel in der Steinkohleausschreibung:
- Die Gebote werden von Kraftwerksbetreibern in Euro pro Megawatt Kapazität (€/MW) abgegeben – daran bemisst sich auch die Entschädigungszahlung bei Zuschlag.
- Für die Zuschlagsentscheidung wurden jedoch nicht – wie sonst üblich – die Gebote direkt ihrer Höhe nach gereiht, sondern die Gebote in €/Tonne CO2 umgerechnet. Hierfür werden die durchschnittlichen jährlichen CO2-Emissionen pro Block der letzten drei Jahre herangezogen.
- Da modernere Kraftwerksblöcke aufgrund besserer Wirkungsgrade (und somit geringeren CO2-Emission pro erzeugter Megawattstunde Strom) häufiger betrieben werden, wird ihr Gebot durch eine höhere CO2-Gesamtmenge geteilt – sie werden deshalb im Vergleich zu älteren Blöcken zuerst bezuschlagt.
Frontier hat den Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (BDEW) zu Fragen des Auktionsdesigns während der Verbändeanhörung zum Kohleausstiegsgesetz beraten. Wir hatten damals bereits davor gewarnt, dass die CO2-Adjustierung von Gebot zu einer ineffizienten Bezuschlagung moderner Kraftwerksblöcke und höheren Entschädigungszahlungen führen kann.
Frontier berät regelmäßig Kunden aus dem öffentlichen Sektor und der Privatwirtschaft zu Auktionsdesign, Bietstrategien und Fragen der Energie- und Klimapolitik.