Das Kammergericht Berlin hat die Klage von Immowelt gegen den Marktführer ImmoScout24 bestätigt.
Dieser hatte Anzeigenkunden Rabatte gewährt, wenn sie einen bestimmten Anteil ihrer Anzeigen innerhalb einer bestimmten Frist auf keinem anderen Online-Immobilienportal inserieren.
Das Landgericht Berlin war im vergangenen Sommer der Argumentation der Klägerin gefolgt, wonach die Rabattpraxis des Marktführers den Markt kippen und zur Entstehung einer monopolartigen Stellung führen könnte (Az. 16 O 73/21 Kart bzw. verwandte Verfahren Az. 15 0290/21 Kart und 16 O 82/22 Kart zu variierten Rabattmodellen).
Das Urteil des Landgerichts Berlin ist nun rechtskräftig. ImmoScout24 hat die Berufung nach einem Hinweisbeschluss des Kammergerichts Berlin zurückgezogen (Az. U 4/21 Kart).
Das Besondere: Erstmals wurde damit ein Urteil auf Grundlage des neu eingeführten Paragraf 20 Absatz 3a GWB rechtskräftig. Dieser sog. Tipping-Paragraf wurde 2021 im Zuge der 10. GWB-Novelle 2021 eingeführt, da die Digitalökonomie nach Auffassung des Gesetzgebers die Anforderungen an das Wettbewerbsrecht drastisch gewandelt hatte. Der Tipping-Paragraf soll ermöglichen, dass Gerichte oder das Kartellamt in einen Plattformmarkt eingreifen können, bevor Unternehmen aufgrund von Tipping marktmächtig werden.
Bei der Anwendung des Tipping-Paragrafen gilt es, die Balance zu finden: Einerseits sollen Markteingriffe nicht so früh ausgesprochen werden, dass sie Innovationen verhindern, dennoch aber schnell genug, um ein nicht mehr umkehrbares Tipping zu verhindern. Dies erfordert detaillierte ökonomische Analysen.
Im vorliegenden Fall waren Wettbewerbsexperten von Frontier Economics als ökonomische Gutachter für ImmoScout24 tätig.