Frontier untersucht nachhaltige Antriebspfade zur klimaneutralen Mobilität in Europa
Status quo
Der „Green Deal“ der Europäischen Union hat zum Ziel, spätestens ab 2050 netto keine Treibhausgase (THG) mehr auszustoßen. Zwar haben einige europäische Wirtschaftszweige (wie die Sektoren Energie und Industrie) in den vergangenen Jahren bereits signifikant THG eingespart. Im Transportsektor aber verharren diese auf hohem Niveau. Aktuell machen THG-Emissionen aus dem Straßenverkehr rund 20 % des jährlichen Gesamtausstoßes in Europa aus.
Emissionsfreiheit im Eiltempo
Bisher konzentrieren sich die politischen Maßnahmen der Europäischen Union zur Klimaneutralität im Straßensektor hauptsächlich auf „Tank-to-Wheel” (TtW) Emissionen – also jene Emissionen, die direkt vom Auspuff der Fahrzeuge in die Umwelt gelangen. Emissionen, die bei der Fahrzeugproduktion und entlang der entsprechenden Energie-Wertschöpfungskette entstehen werden hingegen kaum betrachtet (sog. „Well-to-Tank“ (WtT) Emissionen).
In unserer neuen Studie „Future Fuels Study IVb“ (20222) im Auftrag der FVV (Forschungsvereinigung Verbrennungskraftmaschinen e.V.) zeigen wir auf, welche Wege und Ansätze zur nachhaltigen Klimaneutralität für den europäischen Straßentransportsektor möglich sind. Dabei berücksichtigen wir explizit auch WtW-Emissionen – also jene Emissionen, die entlang der gesamten Energie-Wertschöpfungskette (von der Erzeugung der Energie bis zum finalen Verbrauch im Fahrzeug) entstehen.
Unser neuer, modellbasierter Ansatz untersucht insgesamt elf THG-neutrale Antriebspfade – darunter batterieelektrische Fahrzeuge, Plug-in-Hybride und Fahrzeuge, die mit klimaneutralen E-Fuels, grünem Wasserstoff und E-Methan betrieben werden. Für alle Antriebspfade nehmen wir an, dass diese ausschließlich mit Erneuerbaren Energien betrieben werden. Ziel unserer Modellierung ist die Minimierung des THG-Ausstoßes auf dem europäischen Straßenverkehrssektor bis 2050.
Ein zentraler Aspekt unserer Analysen ist, dass wir explizit Rohstoff- und Infrastrukturbedarf der jeweiligen Fahrzeuge (z.B. von Erneuerbaren Erzeugungskapazitäten bis hin zur Anzahl der Ladepunkte je Elektrofahrzeug) ermitteln und zusätzlich die für den europäischen Straßensektor verfügbaren maximalen Potenziale an Rohstoffen und Infrastruktur unter idealen rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen für jeden THG-neutralen Antriebspfad berücksichtigen. Die Potenziale haben wir in enger Zusammenarbeit mit FVV-Expertengruppen ermittelt, welche sich aus über 50 TeilnehmerInnen und mehr als 40 Unternehmen und Organisationen aus dem Energie- und Verkehrssektor zusammensetzten.
Wege in die Zukunft - unsere wichtigsten Erkenntnisse
Unsere modellbasierte Optimierung bietet spannende Erkenntnisse, welche Faktoren den Weg zur Klimaneutralität im europäischen Straßensektor maßgeblich beeinflussen.
Unsere Ergebnisse im Überblick:
- Ein Mix aus THG-neutralen Energieträgern bzw. Fahrzeug-Antriebspfaden kann den Übergang zur THG-Neutralität für den Straßenverkehrssektor der EU27+UK beschleunigen: Unsere Studie zeigt, dass alle THG-neutralen Antriebspfade mit technischen Engpässen („Bottlenecks“) bei Rohstoffen und Infrastruktur konfrontiert sind, die den maximalen Hochlauf für jede einzelne THG-neutrale Technologie einschränken. Ein Technologiemix kann daher den Hochlauf THG-neutraler Fahrzeug-Antriebe erhebliche Vorteile bringen.
- Entscheidend für die Minimierung der THG-Emissionen ist der schnellstmögliche Ausstieg aus fossilen Energieträgern - Infrastruktur- und Rohstoffengpässe müssen schnell behoben werden: Um die THG-Emissionen im Straßenverkehrssektor der EU27+UK zu minimieren, müssen Infrastruktur- und Rohstoffengpässe schnell behoben werden. Dies gilt insbesondere für den notwendigen Hochlauf der benötigten Infrastruktur für alternative Antriebsarten und die Verfügbarkeit von Rohstoffen für die verschiedenen Technologien.
- E-Fuels bieten eine einzigartige technologische Option für den klimaneutralen Betrieb der Bestandsflotte: Rückwärtskompatible Kraftstoffe wie synthetisches Benzin und synthetischer Diesel (z. B. über Methanol-to-Gasoline- und Fischer-Tropsch-Herstellungspfade) ermöglichen eine schnelle Defossilisierung der bestehenden Flotte, sobald diese in großem Maßstab verfügbar sind. Trotz der langen Vorlaufzeiten und Planungshorizonte für die Errichtung der notwendigen Syntheseanlagen können E-Fuels daher die THG-Reduktion deutlich beschleunigen.
- Ein Verbot von Verbrennungsmotoren ab 2035 würde zu höheren THG-Emissionen führen als nötig: Zwar ließe sich eine Defossilisierung des Straßenverkehrssektors der EU27+UK in der vorliegenden Modellierung ohne Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor erreichen, doch würde dies die kumulierten THG-Emissionen und kumulierten Gesamtkosten bis 2050 gegenüber dem technologieneutralen Mix-Szenario erhöhen. Ein Verbot von Verbrennungsmotoren verstärkt die Abhängigkeiten gegenüber kritischen technischen Hochläufen der notwendigen Infrastruktur für alternative Antriebstechnologien entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Es schränkt zudem die Möglichkeit ein, die weitere Defossilisierung der Fahrzeug-Flotte durch den Einsatz kompatibler synthetischer Energieträger (E-Benzin, E-Diesel) in Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren zu beschleunigen.
- Die Umstellung des Lastkraftverkehrs und schwerer Nutzfahrzeuge auf THG-neutrale Antriebe ist ein wichtiger Hebel, um erhebliche Emissionseinsparungen zu realisieren: Während der Lastkraftverkehr und schwere Nutzfahrzeuge nur ca. 2 % des Fahrzeugbestands in der EU27+UK ausmachen, sind sie für ca. 45 % des heutigen Gesamtkraftstoffverbrauchs im europäischen Straßenverkehrssektor verantwortlich. Sie bergen damit enormes Potenzial für die Einsparung von Treibhausgasemissionen bei Umstellung auf THG-neutrale Antriebe.
Frontier berät regelmäßig zu klimaneutralen Antriebspfaden und Kraftstoffen im Verkehrssektor. Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte per E-Mail an media@frontier-economics.com oder rufen Sie uns an unter +44 (0) 20 7031 7000.
Hier finden Sie den vollständigen Bericht.