
Die Energiewende ist eines der größten Transformationsprojekte der deutschen Volkswirtschaft.
Trotz beachtlicher Fortschritte – etwa beim Ausbau erneuerbarer Stromerzeugung – ist der Weg zur Klimaneutralität noch weit. Der Anteil erneuerbarer Energien am gesamten Endenergieverbrauch liegt bei nur 22,4 %. Besonders in den Bereichen Gebäudewärme, Prozesswärme und Verkehr dominiert weiterhin der Einsatz fossiler Energieträger. Die vollständige Transformation ist mit sehr hohen Kosten verbunden, die sich auf Unternehmen und Haushalte niederschlagen. Die Wettbewerbsfähigkeit leidet, erste Produktionsverlagerungen ins Ausland deuten auf eine beginnende Deindustrialisierung hin.
Vor diesem Hintergrund wurde Frontier Economics von der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) beauftragt, die volkswirtschaftlichen Kosten einer Fortführung der bisherigen Energiewende zu ermitteln und einen alternativen energiepolitischen Ansatz zu entwickeln, der die Energiewende kosteneffizient, innovationsfreundlich und im Einklang mit der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Deutschlands verwirklicht.
„Plan B“: Ein neuer Rahmen für die Energiewende
Im Zentrum der vorgeschlagenen Neuausrichtung steht ein umfassendes Cap-and-Trade-System, das alle Treibhausgasemissionen sektorübergreifend erfasst. Das Konzept setzt auf ein festgelegtes Emissionsbudget und orientiert sich an internationalen Vergleichsgruppen (z. B. G20), um Klimaschutz global wirksam und wirtschaftlich tragfähig zu gestalten. Der Staat übernimmt gezielt Aufgaben dort, wo Marktversagen besteht – etwa bei der Koordination von Netzinfrastrukturen, der Versorgungssicherheit, der Risikoabsicherung neuer Technologien und der Investitionen in Forschung und Bildung. Bürokratie und Detailsteuerung sollen deutlich reduziert werden. Das entwickelte Konzept stellt damit eine Alternative für einen grundlegenden Kurswechsel in der Energiewendepolitik hin zu mehr Innovationen, Wachstum und globalem Klimaschutz dar. Es ist kein Bruch mit dem bestehenden System, sondern kann schrittweise aus dem aktuellen politischen Rahmen entwickelt werden.
Durch die Umsetzung des Konzepts können erhebliche Kosten gespart werden
Exemplarische Modellrechnungen zeigen: Durch den neuen Ansatz können bis zum Jahr 2050 im reinen Energiesystem bis zu 910 Milliarden Euro eingespart werden – allein durch die Öffnung des Lösungsraums für alle emissionsarmen Technologien, einen effizienteren Technologiemix und zeitlich optimierte Investitionen. Weitere Einsparungen entstehen durch internationale Kooperation und die Nutzung kostengünstiger Klimaschutzmaßnahmen im Ausland. Insgesamt ergibt sich ein Kostensenkungspotenzial von über einer Billion Euro bis 2050.
Dieses Papier wurde verfasst von David Bothe, Johanna Reichenbach, Stefan Lorenczik, Gregor Brändle, Felicitas Kuttler, Laura Coordt und Julius Stoll.