
Artikel zu Ursachen der aktuell niedrigen Gasspeicherfüllstände und negativen Sommer-Winter-Spreads sowie Diskussion von Optionen für ein optimiertes Marktdesign
Gasspeicher sind ein zentraler Baustein für eine sichere Energieversorgung und damit für eine funktionierende Wirtschaft und Gesellschaft. Die Speicher sind derzeit allerdings ungewöhnlich leer für Ende Februar (siehe Abbildung).
Abbildung 1 Entwicklung des Gasspeicherfüllstandes in Deutschland

Es besteht die Sorge, dass die Speicher für den nächsten Winter nicht ausreichend wiederbefüllt werden könnten. Denn derzeit bietet der Markt kaum Anreize, die Gasspeicher zu nutzen oder in deren Erhalt zu investieren. Im Gegenteil: Seit November letzten Jahres beobachten wir negative Sommer-Winter-Spreads – das heißt, Gas ist im Sommer teurer als im Winter. Es lohnt sich also für Marktakteure nicht, im Sommer Gas für den Winter einzuspeichern, obwohl der Bedarf in der kalten Jahreszeit deutlich höher ist.
Abbildung 2 Entwicklung des THE Sommer-Winter-Spreads seit April 2024

Kernursache für dieses umgekehrte Preissignal sind die Füllstandsvorgaben, die mit dem Gasspeichergesetz in der Energiekrise 2022 eingeführt wurden. Sie verpflichten sowohl die Marktteilnehmer als auch letztlich die Marktgebietsverantwortliche THE („Trading Hub Europe“), im Sommer für den Winter einzuspeichern – unabhängig von den Preissignalen. Das Ergebnis ist, dass der Markt unter Berücksichtigung der regulatorischen Vorgaben Gas im Sommer als knapper ansieht als im Winter. Der negative Sommer-Winter-Spread spiegelt dies wider. Der staatliche Eingriff konterkariert damit die verbleibenden kommerziellen Anreize zur Einspeicherung im Sommer und erhöht damit den notwendigen Umfang und die Kosten weiterer Eingriffe zur Speicherbefüllung.
In einem heute veröffentlichten Papier diskutieren David Bothe und Matthias Janssen, gemeinsam mit Prof. Dr. Axel Ockenfels von der Universität zu Köln, die Vor- und Nachteile verschiedener politischer und regulatorischer Handlungsoptionen zur Lösung dieses Dilemmas. Dazu gehören die Aufhebung oder Flexibilisierung der Füllstandsvorgaben, der derzeit von der Bundesregierung, der Bundesnetzagentur und THE erwogene Subventionsmechanismus („Strategisches Befüllungsinstrument“), der die Einspeisung bei negativen Sommer-Winter-Spreads alimentiert, sowie eine Strategische Reserve, bei der ein Teil der Speicherkapazität staatlich befüllt und außerhalb von Krisensituationen vom Markt zurückgehalten wird.